Ein Ausspruch von Faust – 100 Jahre alt ? In unserer schnelllebigen, komplexen Zeit gewinnt die Konzentration, der Fokus auf den Moment, immer größere Bedeutung. Was sind das für Momente? Ist es die Blume am Weg? Der Flügelschlag des Schmetterlings? Der Sonnenuntergang über den Dächern der Stadt? Der frische Kaffee, der über Geschmack und Geruch unser Sein verändert? … Alles das kann ein betörendes Glücksgefühl auslösen, dass für einen Moment durch unser ganzes System strömt? „Augenblick…Verweile doch, Du bist so schön!“

Was passiert in solchen magischen Momenten? Viele fühlen sich aus der „normalen“ Zeit herauskatapultiert.  Alles scheint still zu stehen. In diesem Bewusstsein für den Moment entsteht die kleine Pause, die das Hamsterrad stoppt, den Arbeitsspeicher unseres Gehirns vor Overflow schützt und unseren Stoffwechsel für weitere Phasen der Höchstleistung elastisch hält. Positive Momente dieser Art – mal intensiver, mal weniger intensiv – sind wie Perlen an der Schnur verantwortlich für unser Wohlbefinden und damit für unsere psychische Gesundheit.

Wieso ist das so wichtig? Das Gehirn ist in der Regel mit der Verarbeitung gemachter Erfahrungen oder der Entwicklung möglicher Zukunftsszenarien beschäftigt. Ständig simuliert es Prozesse, um für künftiges gewappnet zu sein. Und je stärker der Druck lastet, desto eher sind diese Gedanken mit Befürchtungen oder dramatischen Eventualitäten befasst. Was hilft ist ein Training von Aufmerksamkeit, von Achtsamkeit – im Hier und Jetzt mit einer bestimmten Haltung von Offenheit, Akzeptanz und Neugierde.  Zustände werden wahrgenommen, ohne besondere Bewertung nach katastrophal oder verhasst. Diese Konzentration auf das »Jetzt«, die Feststellung, dass »jetzt genau in diesem Moment« alles in Ordnung ist, schafft Ruhe im Geist. Mit dieser Achtsamkeit verändert sich die Struktur des Gehirns, über ein MRT messbar. Die Dichte der grauen Substanz nimmt zu, das führt zu einer Funktionsverbesserung in den Gehirnarealen, besonders dem Hippocampus – der u.a. für Informationsverarbeitung und Lernen verantwortlich ist.

Mit regelmäßiger Meditation lassen sich diese Prozesse intensivieren. Internationale Studien belegen den nachhaltigen Aufbau emotionaler Stabilität. Gleichzeitig wurde gezeigt, dass Schlafstörungen, Angststörungen und Depressionen mithilfe regelmäßiger Meditation geringer wurden und – ganz ohne Psychopharmaka – völlig verschwanden.

Wie gelingt der Einstieg? Zum Beispiel mit einem Body Scan – einer systematischen Wahrnehmung unseres Körpers. Der Start gelingt über die Füße, deren Kontakt zum Boden. Wir lassen die Gedanken weiter über Beine, Becken, Rücken, Bauch und Brustkorb, Schulter und Kopf spazieren. Die Aufmerksamkeit  ist ausschließlich auf den Körper gerichtet. Wir beobachten unsere Atemzüge das Ein- und Ausströmen. Wenn „störende“ Gedanken auftauchen ist das die normale Arbeitsleistung des Kopfes. Wir bringen uns selber ganz freundlich wieder auf die Wahrnehmungsaufgabe zurück. Warum sollten uns unfreundlich beschimpfen?

Achtsamkeit verändert die Welt. Mit der positiven Haltung uns selbst gegenüber verändert sich die Haltung in der Bewertung von anderen Menschen und Situationen. Wir gewinnen Wahlmöglichkeiten – anstelle tief einzutauchen in ein stressverstärkendes Gefühl schaffen wir mit distanzierter Sicht kreative Lösungen finden.

David Lynch (2016) schreibt zur Rolle der Meditation in seinem Leben: „Ideen sind wie Fische. Wenn du kleine Fische fangen willst, kannst du im seichten Wasser bleiben. Aber wenn du den großen Fisch fangen willst, musst du in die Tiefe des Bewußtseins gehen…“

Viel Freude wünscht Petra Bernatzeder